Große Erwartungen, leider nicht ganz erfüllt
Von: Iwan_bloggt
Datum:
11. Dezember 2016
Seit dem Erstling "Blackout" bin ich Fan von Marc Elsberg. Dieser Autor mixt reale Elemente - in "Blackout" die Gefährdung der europäischen Stromversorgung durch Terroristen - mit einer fiktiven Thrillerhandlung. Als jetzt die Chance da war, sein neuestes Werk zu rezensieren, habe ich sofort zugeschlagen. Und direkt nach Erhalt angefangen zu lesen.
Gehen soll es um Genmanipulation - in den heutigen Zeiten, mit all den Diskussionen um genmanipulierten Mais bis hin zu "Designerbabies", absolut spannend. Und der Roman fängt sehr vielversprechend an.Der US-Außenminister kippt auf einer Sicherheitskonferenz in München um. Stirbt schnell, und die erste Obduktion bringt nur das Ergebnis "ein Virus".
"Vorsicht Spoiler!"
Die Delegation fliegt umgehend zurück, an Bord auch Jessica Roberts, die dann von der US-Präsidentin den Auftrag zur Aufklärung dieser mysteriösen Sache erhält. Denn schnell wird klar - es handelt sich um einen Killervirus, mit dem der Außenminister vorsätzlich angesteckt wurde. Jessica ist verheiratet, zwei Kinder, ein Mann - alle drei werden von ihr zeitlich vernachlässigt. Im Lauf der Handlung fängt sie dann eine Art Beziehung mit einem dazugezogenen Mediziner an, die aber nicht bis zum Letzten geht.
Parallel gibt es andere Handlungsstränge: eine arme Bäuerin in Afrika, auf deren Feld der Mais prima gedeiht, während rundherum aller Mais verkümmert. Ein Ehepaar, das unbedingt ein Kind haben will, und zum Thema künstliche Befruchtung den Hinweis erhält, es gäbe da einen Arzt, eine Klinik und eine Methode, dem Kind lauter "Super-Duper-Eigenschaften" mitzugeben. Ein 10-jähriges Wunderkind, das auf einmal verschwindet.
Alle Handlungsstränge laufen dann in dieser Klinik zusammen. Dort gibt es Designerbabies und schon heranwachsende Wunderkinder. Helen und Greg entscheiden sich, ihrem Kind "alle Chancen" zu geben, und Helen wird befruchtet. Dann bricht die Hölle los, als Jessica mit ihrem Team dort einfällt, alle unter Quarantäne stellt ... Eugene, eines der Wunderkinder, verlangt mit der US-Präsidentin zu reden. Die kommt auch, und lässt sich schön brav von Eugene per Hubschrauber entführen. An dessen Kufe sich Helen klammert, um "ihr Baby" zu retten. Die Flucht geht nach Südamerika, zu einem geheimen Labor, auch ein Wirtschaftsmagnat trifft ein ... diverse Verfolgungsjagden, Showdowns usw. folgen. Bis hin zum unbefriedigenden Ende.
*Spoiler Ende*
Das Ganze liest sich .. nun ja. Man will schon wissen, wie es weitergeht. Und wartet die ganze Zeit auf etwas mehr Substanz. Oder dass man sich mit einem der Protagonisten halbwegs identifizieren könnte. Geht nicht. Die bleiben alle miteinander schablonenhaft. Viele angerissene Handlungen verlaufen ins Leere. Was ist z.B. mit den Wunderkindern, die gemeinsam mit Eugene flüchteten? Logiklöcher und Anschlussfehler gibt es leider zuhauf. Außerdem sehr verquaste Redewendungen, die sich anhören, als hätte ein nicht sonderlich guter Übersetzer das Ganze aus dem Englischen übersetzt. Was aber nicht der Fall ist. Schade, sehr schade.
Ein absolut spannendes und kontrovers zu diskutierendes Thema wurde hier ein bißchen verschenkt. Muss man bei Genveränderung mitmachen, damit man nicht ins Hintertreffen gerät, oder überlässt man alles der Natur? Zum Aspekt "Designerbabies" hat das Peter James schon 2012 in "Perfect People" wesentlich gehaltvoller, logischer und emphatischer dargestellt. Und im Vergleich zu "Blackout" war "Helix" um zwei Punkte schwächer.