Interessantes Thema, stimmt aber nicht ganz so nachdenklich wie Blackout
Von: Raeubertochter76
Datum:
24. Juli 2020
Ein Buch von Marc Elsberg ist für mich eigentlich immer ein Garant für einen gut recherchierten, spannenden Wissenschaftsthriller, der mich zumeist mit viel Stoff zum Nachdenken zurücklässt.
Und da ich selbst einen wirtschaftswissenschaftlichen Hintergrund habe, fand ich sein gewähltes Thema für „Gier“ natürlich ganz besonders spannend.
Wenngleich mich das Buch nicht wirklich enttäuscht hat, so genial wie „Blackout“ war es nicht. Damit konnten aber auch „Zero“ und „Helix“ nicht mithalten.
Handlung
Kurz gesagt: Die Geschichte ist ein ständiger Mix aus Verfolgungsjagd und ökonomischer Vorlesung.
Charaktere
Die Ausgestaltung der Charaktere dient der Lesbarkeit und Vereinfachung der Thematik. Dabei wird die Geschichte aus verschiedenen Perspektiven erzählt.
Der Protagonist Jan Wutte, ein „einfacher“ Krankenpfleger, dient als Vermittlungshilfe komplexer Zusammenhänge. Er stellt die Fragen, die dem Leser durch den Kopf gehen. Beantwortet werden sie von der zweiten Hauptfigur, dem Millionär Fitzroy Peel, ein hochintelligenter Analyst mit Faible für ökonomische Konzepte und Mathematik.
Unterstützt werden sie von einer Gruppe ökonomischer Widerstandskämpfer, gebildet und gut vernetzt – also alles andere als ein „chaotischer Demo-Haufen“.
Ihnen gegenüber stehen zum einen zwei Söldner, angeheuert von dem großen Unbekannten, und zum anderen zwei Polizisten; die unterschiedlicher nicht sein könnten.
Sprachstil
Marc Elsberg schreibt spannend und temporeich. Manchmal fühlte ich mich an Frank Schätzing oder Dan Brown erinnert, bei Ersterem wären jedoch vermutlich mehr Leute gestorben und Letzterer hätte die Verfolgungsjagd wohl mit einigen touristischen Highlights versehen.
Das Buch eignet sich daher leider nicht für meine literarische Weltreise, da der Schauplatz Berlin beim Lesen wenig präsent erscheint.
Ich muss gestehen, dass mir der Sprachstil manchmal etwas zu salopp war, wenn es um umgangssprachliche Dialoge ging.
Thematik
Grundgedanke des Buches ist der kürzlich erfolgte mathematische Beweis, dass Kooperation Wachstum und Wohlstand mehr fördert als Nicht-Kooperation.
Um die Mathematik dahinter zu verdeutlichen, bedient sich der Autor der sog. Bauernfabel.
Was mir dabei gut gefallen hat, sind die Graphiken zur Veranschaulichung der Theorie. Das hätte ich jetzt in einem Thriller nicht unbedingt erwartet.
Doch leider wird die gezeichnete Bedrohung nicht so deutlich, wie bei Blackout, Zero oder Helix. Das Buch hat einfach nicht den gleichen schauderhaften Nachhall wie seine Vorgänger.
Cover
Das Cover passt für mich nicht wirklich zum Inhalt, das Containerschiff lässt zwar Handel und Export vermuten, nicht aber eine Debatte über Kommunismus versus Kapitalismus.
Fazit
Ich hoffe, die Rezension kommt nicht zu negativ rüber, denn mir hat das Buch wirklich gut gefallen. Da die Thematik jedoch ausgesprochen komplex und voller Fachbegriffe ist, die nicht alle (ausreichend) erklärt werden, wäre eine Affinität zu Ökonomie und Mathematik sowie ein gewisses wirtschaftswissenschaftliches Grundverständnis sicher von Vorteil.
„Gier“ bietet ein wissenschaftliches Rätsel, Konzepte und Theorien aus Wirtschaft und Mathematik, eine Verfolgungsjagd durch Berlin – dazu Intrigen, Macht und Politik sowie unfähige Polizisten und gut organisierte Rebellen.
Hört sich doch spannend an oder?